„Wenn er wollte, dann könnte er auch“, „Sie muss es nur wollen, dann macht sie es auch“, „Sie haben nie Lust“, „Mein Kind kann einfach nicht alleine arbeiten, dabei sind die Aufgaben eigentlich einfach, ich muss es immer wieder motivieren“.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Dann möchte ich Ihnen zeigen, was der Unterschied zwischen „Motivation“ und „Volition“ ist. Der Begriff der „Motivation“ bezeichnet den (möglichst von der Person selber ausgehenden) Antrieb, sich momentan mit etwas zu beschäftigen und daran zu arbeiten. Die Beschäftigung mit der Sache wird als lohnenswert empfunden, weil es z.B. Neugier befriedigt oder ein gesetztes Ziel erreichen lässt oder eine Belohnung winkt.
Motivation alleine ist aber eher für den Augenblick der jeweiligen Tätigkeit eine Triebfeder. Sich ständig neu zu motivieren setzt einen längerfristigen Ansatz voraus. So können Dinge auch über einen längeren Zeitraum hinweg beachtet und gezielt bearbeitet werden. Diese Fertigkeit oder Einstellung nennt man „Volition“, die „Willenskraft“. Sie bewirkt, dass im Verlauf der Beschäftigung mit einer Sache Störreize ausgeblendet und Unlustgefühle überwunden werden. Diese Fähigkeit zur Selbstregulation in der Handlung bringt den Erfolg.
Manche Kinder müssen lange daran arbeiten, bis sie sich in dieses Arbeitsgleichgewicht gebracht haben. In Wissensgebieten, die durch eine Lernstörung beeinträchtigt sind, kann es manchmal schwer sein und lange Schuljahre brauchen, bis das Arbeiten selbstverständlicher, ungestörter und effektiver wird. Sie können Ihrem Kind dabei helfen, indem Sie ihm „die Leiter halten“: Beobachten Sie genau, bei welchen Handlungsschritten, es welche Hilfen benötigt. Helfen Sie ihm besonders bei der Planung. Regelmäßiges Feedback („Das ist richtig“, „Prima“, „Gut so“) und konstruktive Kritik („Die Aufgabe ist fertig, sehr gut. Das hier kann noch nicht ganz stimmen, möchtest du den Fehler genau da finden?“) sind hilfreich. Ihr Lob sollte ehrlich und sofort erfolgen und nicht von Stoßseufzern nach dem Motto „Heute war es ganz gut, ich wünschte das wäre immer so!“ begleitet sein, denn damit entwerten Sie es.
Die Entwicklung einer stabilen Volition dauert eine Weile und kann nicht selbstverständlich ab einem gewissen Zeitpunkt erwartet werden. Jedes Kind hat hier sein eigenes Tempo, das sich in verschiedenen Bereichen seines Lebens unterschiedlich schnell entwickeln kann. Erkennen Sie solche z.B. im Lernverhalten im Bereich Fußball oder beim Voltigieren, dann unterstützen Sie sie exemplarisch hier. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich diese Erfahrungen auch auf andere Lernbereiche ausdehnen werden.
Denken Sie immer daran: Gut Ding will Weile haben. Geduld in obiger Sache lohnt sich immer.